Gebannt wartet die Finanzbranche auf die neue Strategie der Credit Suisse. Eine solche ist dringend nötig, denn die CS-Titel sind das Schlusslicht im Swiss-Market-Index. Verwaltungsratspräsident António Horta Osório muss eine griffige Investmentstory liefern. 

Viel Zeit bleibt nicht. In knapp drei Wochen will die Credit Suisse (CS) ihre neue Strategie im Rahmen der 3.-Quartalszahlen 2021 vorstellen. Eine Verzögerung dieser Präsentation käme höchst ungelegen, zumal bereits der interne Bericht zum Greensill-Debakel auf sich warten lässt, wie auch finews.ch vergangene Woche berichtete. Wolle Verwaltungsratspräsident António Horta Osório sein Momentum nicht verspielen, müsse er Anfang November liefern, heisst es in Zürcher Finanzkreisen.

Natürlich ist im Vorfeld schon viel über die Ausgestaltung der CS von morgen spekuliert worden. Oft war dabei die Rede von einer Schrumpfung der Investmentbank, analog zu dem, was die UBS vor einigen Jahren getan hat. Allerdings kann eine neue Strategie nicht bloss auf einem Abbau beruhen. Vielmehr muss Horta Osório in die Offensive und eine Investmentstory liefern.

Schlusslicht im SMI

Eine solche ist dringend nötig. Denn die Anlegerinnen und Anleger haben kein Vertrauen in die CS. Allein im laufenden Jahr verloren die Titel der zweitgrössten Schweizer Bank knapp 20 Prozent an Wert und sind damit das Schlusslicht im Swiss-Market-Index. Zudem hat der Verwaltungsrat die Dividende auf 10 Rappen herabgesetzt, was die CS-Aktien auch als Dividendenpapiere unattraktiv macht.

Wie Recherchen von finews.ch zeigen, hat die CS-Investmentbank durchaus ihren Platz in der künftigen Strategie. Denn obschon diese Sparte bereits unter dem früheren CEO Tidjane Thiam erheblich geschrumpft wurde, liefert sie nach wie vor etwa 40 Prozent an die Erträge der Bank. Gerade im laufenden Jahr könnte dieser Beitrag sogar noch höher ausfallen, blickt man auf die vergangene Woche publizierten Ergebnisse der US-Investmentbanken, die allesamt im Geschäft mit Fusionen und Übernahmen, Börsengängen und anderen Finanzierungen in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres enorme Einnahmen verzeichnet haben.

Zwei Probleme

Ausserdem ist die CS-Investmentbank nach wie vor die grösste Europas. Würde man sie weiter schrumpfen, verlöre sie ihre Existenzberechtigung. Insofern muss die Neuausrichtung der CS eher über das Wealth Management verlaufen, der wichtigsten Division der Bank. Tatsächlich deutet vieles darauf hin, dass die grössten Veränderungen in der Vermögensverwaltung erfolgen werden.

Derzeit leiden die drei entsprechenden Einheiten Swiss Universal Bank, International Wealth Management (IWM) und Asien-Pazifik an zwei Problemen: Zum einen operieren sie allzu unabhängig von voneinander, was vor allem globale Kundinnen und Kunden für ineffizient halten und auch zu Doppelspurigkeiten und Mehrkosten führt; zum andern verfügen die drei Vermögensverwaltungseinheiten nicht über eine gemeinsame IT. Diese Fragmentierung ist ein Überbleibsel aus der Ära Thiams.

Kosten in dreistelliger Millionenhöhe

Am modernsten ist das IT-System der CS in der Marktregion Asien-Pazifik. Darum will die Bank dieses System auch in den übrigen Märkten einführen. Bislang ist dieses Vorhaben jedoch gescheitert. Italien hätte als erste Region das System übernehmen sollen, doch das Projekt kam bisher nicht vom Fleck und hat bisher nur Kosten in dreistelliger Millionenhöhe verursacht. Weitere europäische Märkte stehen in der Warteschlange.

Unter diesen Prämissen leuchtet es ein, dass eine organisatorische Zusammenführung der drei Vermögensverwaltungseinheiten – Schweiz, IWM und Asien – Kern der neuen Strategie sein muss und sich daraus eine Investmentstory ableiten lässt. So liessen sich auch die hohen Kapitalkosten der Investmentbank verringern.

Entsprechende Andeutungen machte IWM-Chef Philipp Wehle schon vor ein paar Monaten in einem Gespräch mit finews.ch. Dabei erklärte er, dass er eine engere Zusammenarbeit mit der Investmentbank anstrebe – gerade weil grosse vermögende Privatkunden auch Dienstleistungen aus dem Investmentbanking beanspruchen würden.

Wurzeln und Werte der Schweizer Bank

Damit ist die Stossrichtung gegeben: Horta Osórios Anspruch kann nur global sein, indem er eine Vermögensverwaltungssparte aus einem Guss mit den Services der Investmentbank verbindet und darüber hinaus die Schweizer Wurzeln und Werte der Bank herausstellt. Diese Fokussierung schafft die Voraussetzungen, damit die CS ihre jüngsten Pannen hinter sich lassen kann und die Investorinnen und Investoren wieder Gefallen an den Aktien finden. Welche Funktionen CEO Thomas Gottstein oder IWM-Chef Wehle dabei haben werden, ist zweitrangig.

 

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