CEO Sergio Ermotti muss knallhart sparen, damit die Kosten für die Übernahme der Credit Suisse nicht aus dem Ruder laufen. Demgegenüber hat Iqbal Khan in der Vermögensverwaltung praktisch freie Hand für das Wachstum. In diesem Part empfiehlt er sich erst noch für höhere Weihen bei der UBS.

5:18 – so lautet das Verhältnis von langjährigen Credit-Suisse-Kadern gegenüber bisherigen UBS-Kräften in der neu zusammengesetzten Geschäftsleitung der UBS-Sparte Globale Vermögensverwaltung (GWM) unter Chef Iqbal Khan.

Das ist nicht überwältigend viel, wirkt aber gegenüber der Konzernstufe geradezu integrativ. Dort wurde vergangenen Mai der frühere Chef der Credit Suisse (CS), Ulrich Körner, als einziger ins Top-Management der kombinierten UBS gewählt. Unter CEO Sergio Ermotti herrscht dort ein CS-UBS-Verhältnis von 1:16.

Keine Lust auf Experimente

Dies, erklärte Ermotti unlängst an einer Branchenkonferenz, ist seiner persönlichen Risikoabwägung geschuldet. «Ich muss die Umsetzungsrisiken minimieren und Personen wählen, von denen ich weiss, dass sie mit unsere Herangehensweise vertraut sind», so der Verantwortliche für den grössten Zusammenschluss, den das Swiss Banking je gesehen hat.

Hatte Ermotti im April noch erklärt, dass CS- wie UBS-Banker im kombinierten Unternehmen die gleichen Chancen auf einen Posten hätten, wollte er in seinem nächsten Umfeld offensichtlich keine Experimente wagen. Frühere Management-Mitglieder der CS wie André Helfenstein oder Francesca McDonagh sehen sich inzwischen auf die Leitung der CS als neue UBS-Tochter relegiert. Ein klare Herabstufung.

Demgegenüber durfte Khan mit offenen Armen auf die CS-Kader zugehen. «Ich möchte unsere neuen Kolleginnen und Kollegen der Credit Suisse im Global Wealth Management willkommen heissen und mit Ihnen allen meine Zuversicht und meinen Stolz auf unsere Zukunft teilen», zitiert ihn ein internes UBS-Schreiben vom vergangenen Montag, das finews.ch vorliegt.

Milliarden beim Personal sparen

In der Botschaft schwingt wohl einiges Kalkül mit. Die UBS hat mit der CS-Übernahme im Handstreich ein Wachstum realisiert, für das im Private Banking sonst acht bis zehn Jahre nötig wären. Da Vermögensverwaltung aber ein «People’s Business» ist, wo es für mehr Volumen auch mehr Kundenberater braucht, ist Khan dringend auf die CS-Bankerinnen und -Banker angewiesen, um die Wachstumsambition von 5 Billionen Dollar an Kundenvermögen zu realisieren. Insofern muss der GWM-Chef alles tun, um diese Kräfte bei der UBS zu halten.

Dennoch ist die Ausgangslage für Khans Aufgabe im Megazusammenschluss angenehmer als jene seines CEO. Nicht nur, dass der überraschend zur UBS zurückgeholte Ermotti am Ende die Gesamtverantwortung für das Gelingen der CS-Integration trägt. Er muss auch den Rückbau der CS-Investmentbank sowie bis ins Jahr 2027 Einsparungen von 8 Milliarden Dollar realisieren, davon 6 Milliarden Dollar beim Personal. Schätzungen gehen davon aus, dass diesen «Synergien» allein in der Schweiz bis zu 12’000 Stellen zum Opfer fallen.

«Schmerzhaftester Teil der Transaktion»

Das sind harte Massnahmen, für deren Umsetzung der 63-jährige Konzernchef auch persönlich einiges an Härte an den Tag legt. Von Anfang an machte er deutlich, dass es sich beim Zusammenschluss um eine Übernahme handle, und sagte klipp und klar, dass der Stellenabbau der «schmerzhafteste Teil der Transaktion» werde. Auch sonst gibt sich Ermotti recht martialisch. So bezeichnete er es als Ehre, für die Übernahme ausgewählt worden zu sein. Und: er habe gespürt, dass ihn die Pflicht in das Amt rufe.

Natürlich sprach Ermotti in einem in diversen Zeitungen abgedruckten offenen Brief auch die bisherigen CS-Angestellten an, als er erklärte, «gemeinsam werden unsere Stärken und Fähigkeiten noch mehr zum Tragen kommen». Stellt man aber seinen Auftritten und Aufgaben die Rolle von Khan gegenüber, der im Kerngeschäft der UBS kaum wegschneiden muss, sondern vor allem hinzufügen darf, fühlt man sich an die aus Krimis bekannte Verhörtaktik erinnert: Hüben der freundliche «Good Cop», drüben der knallharte «Bad Cop».

Ganz neue Mittel

Die Chancen, dass diese Rollenaufteilung für die beiden Bankmanager funktioniert, stehen nicht schlecht. Auch finews.ch hat zwar wiederholt über den hohen Aderlass im Private Banking der CS berichtet (etwa hier und hier).

Mit dem formellen Zusammenschluss vom 12. Juni stehen Khan jedoch ganz andere Mittel zur Verfügung, um sich den Abgängen bei der übernommenen Bank entgegenzustellen. Kommunikation ist dabei ein wichtiges Werkzeug. Gegenüber der Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) liess die UBS etwa durchblicken, dass man mehrere Hundert CS-Kundenberater in der Region Asien-Pazifik weiterhin beschäftigen wolle.

Vereint bringen es die beiden Schweizer Institute, vorher die Nummer eins und zwei in der Region, dort nun auf mehr als 1’200 Private Banker.

Starke Zugäng im hohen Kader

Nicht nur in Asien avanciert Khans GWM zur mit Abstand grössten Privatbank. Auch in Lateinamerika, Nahost und Europa sei dies mit dem Zusammenschluss der Fall, heisst es aus dem Umfeld der Grossbank. Ebenfalls entfaltet die Aussicht auf ein neues «Wealth Management Powerhouse» schon jetzt eine gewisse Sogwirkung in der Branche. Dem Vernehmen nach hat GWM seit Jahresbeginn rund 30 Prozent mehr hohe Kader eingestellt als noch im Jahr zuvor. Die neuen Executive und Managing Director kommen dabei aus verschiedenen Regionen und von diversen Konkurrenten.

Demgegenüber ist die Situation in der Schweiz in der Schwebe. Die UBS will sich bis im August Zeit lassen, um sämtliche Optionen für die bisherige Swiss Bank der CS zu prüfen. Offenbar gelten aber für den Heimmarkt die gleichen Prämissen wie für das Private Banking im Ausland: Um den Wachstumssprung einzulösen, müssen möglichst viele CS-Frontleute beim Unternehmen gehalten werden. Ebenfalls gilt es, die Zeit der Unsicherheit für Mitarbeitende wie für Kunden so kurz wie möglich zu halten.

August Hatecke heimbeordert

Mit der Ernennung von August Hatecke zum neuen Leiter des Schweizer Private Banking hat die UBS einen ersten Pflock eingeschlagen. Hatecke wird auch in der neuen GWM-Geschäftsleitung Einsitz nehmen.

CS-Banker und -Kunden bei der neuen UBS halten, abgeflossene Vermögen zurückholen und erst noch die schwierige Börsenlage zu manövrieren: Diese Bälle muss Khan in den nächsten vier Jahren bis zum geplanten Abschluss der Integration in der Luft halten. Die Fallhöhe für diesen Job scheint auf den ersten Blick beträchtlich. Nicht zu vergessen ist aber, dass die UBS durch die Bedingungen des Deals von Beginn weg für ein dickes Polster gesorgt hat.

So gehen Analysten davon aus, dass die Übernahme auch dann noch ein Erfolg für die Grossbank wäre, wenn die Hälfte aller Kundenvermögen der CS abflösse.

Beste Karten

Die nächsten Monate werden zeigen, wie sich die vormaligen CS-Kunden entscheiden – und ob das «Wealth Management Powerhouse» UBS die PS auch auf den Boden bringt. Ist der Trend positiv, hat der 47-Jahre-junge Khan die besten Karten, um Ermotti dereinst als Konzernchef der grössten Schweizer Bank zu beerben. Im Jahr 2027, beim geplanten Ende der CS-Integration, wird dieser 67 Jahre alt sein. Das würde für das Ende von Ermottis zweiter Karriere als CEO sprechen.

Doch wie sagte der UBS-Chef unlängst selber: Wenn man sich überlege, was man nach einem Job machen werde, habe man im Grunde schon gekündigt.

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