Nach einem Gewinneinbruch im Asset Management im letzten Jahr zieht sich die Pannenserie der Credit Suisse mit der Schliessung des Greensill-Fonds fort. Die Grossbank muss in der Kriseneinheit aufräumen.

Thomas Gottstein gab sich bei der Präsentation der Jahresergebnisse im Februar noch betont gelassen. Nach einem Gewinneinbruch von 60 Prozent im Asset Management der Credit Suisse (CS) zeigte sich der Konzernchef der zweitgrössten Bank des Landes zuversichtlich, dass die Einheit im Laufe des Jahres eine «Normalisierung der Profitablität» erreichen werde.

Währenddessen werde das CS Asset Management (CSAM) an der bewährten «Hantel»-Strategie festhalten, so Gottstein. Die Bank bietet ihren Kunden schwergewichtig Passivprodukte auf der einen und Alternative Spezialitäten auf der anderen Seite der Palette.

Milliarden blockiert

Doch im Bereich der Alternativen ist nun ein stattlicher Gewichtstein weggefallen. Wie finews.ch berichtete, musste die Grossbank am (gestrigen) Montag alle vier ihrer so genannten Supply Chain Finance Fonds (SCF) vom Handel aussetzen. Zusammen mit der australischen Fondsfirma Greensill Capital verwaltet die CS dort über 7 Milliarden Dollar an Kundenvermögen; das Geld ist nun bis auf Weiteres blockiert.

Dies, so die Bank, weil «ein gewisser Teil der Vermögenswerte» Unsicherheiten in Bezug auf die Bewertung unterliege.

Seither gehen die Spekulationen hoch, worum es sich bei diesen Vermögenswerten handeln könnte. Die amerikanische Zeitung «Wall Street Journal» verwies auf Finanzierungen für das Firmenimperium GFG Alliance des indisch-stämmigen Stahlmagnaten Sanjeev Gupta. Der Unternehmer zählte einst zu den Investoren von Greensill Capital.

Kurz vor der Insolvenz?

Wie bedeutend die GFG-Investments im Portefeuille der Greensill-Fonds sind, ist unbkannt. Der britischen Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) zufolge hat der renommierte Finanzinvestor Apollo der Fondsfirma Greensill unlängst eine Refinanzierung mit Verweis aus die GFG-Positionen im Portfolio verweigert. Ebenfalls ungemütlich: Für die Verbindung zwischen Greensill und Gupta interessiert sich seit letztem Jahr auch die deutsche Bankenaufsicht Bafin.

Für die CSAM-Lenker, allen voran Spartenleiter Eric Varvel und Schweiz- und Europachef Michel Degen, kamen offensichtlich genug Gründe zusammen, um die vorübergehende Schliessung der Greensill-Fonds zu veranlassen. Der Entscheid bringt nun wiederum Greensill Capital in Bedrängnis: Wie erneut das «Journal» berichtete, könnte die CS-Partnerfirma schon in wenigen Tagen Insolvenz anmelden.

Das Beratungsunternehmen Grant Thornton soll bereits für die Restrukturierung der australischen Firma hinzugezogen worden sein; offenbar wird der Verkauf des operativen Geschäfts an Apollo in Erwägung gezogen.

Abschreiber zum Jahresende

Wie gross die GFG-Positionen sind und was die Grossbank als nächstes mit den Vehikeln vorhat, wollte die CS auf Anfrage von finews.ch nicht kommentieren. Medienberichten zufolge stehen Restrukturierungs-Massnahmen wie die Trennung von Greensill-Capital oder gar die Abwicklung der Fonds zur Debatte.

Damit beginnt das Jahr 2021 für die CS-Fondssparte fast so, wie das letzte Jahr geendet hat: Im vierten Quartal 2020 schrieb CSAM  rund 450 Millionen Dollar auf einem Engagement am amerikanischen Hedgefonds York Capital ab. Dies war für die Einheit der teuerste, aber nicht der einzige Rücksetzer in einer Serie von Pech und Pannen im vergangen Corona-Jahr.

Verkauf nicht im Fokus

So kündigte die Grossbank vergangenen Dezember die Abwicklung zweier Rückversicherer an, die mit dem Kapital aus CS-Fonds geschäfteten. Das investierte Volumen: 1,4 Milliarden Franken. Die Bank äusserte damals die Hoffnung, dass dieses Geld in andere Finanzprodukte fliesse und damit nicht verloren sei. Fürs Prestige belastend war zuvor die Fusion des viel beworbenen Schweizer Quant-Startups Simag mit einer anderen CS-Fondsgesellschaft.

All diese Ereignisse fielen bereits in den Zeitraum der «strategischen Überprüfung», die CEO Gottstein dem Bereich verordnet hat und die bis kommenden Sommer Klärung über den Kurs des CS-Fondsgeschäfts bringen soll. Ein Verkauf der Einheit stehe dabei nicht zur Debatte, wie Kenner der Grossbank berichteten. Eher dürften die Stellung der Einheit im Konzern überprüft und die Wachstumsfelder neu definiert werden.

Drastische Massnahme

Mit den Massnahmen rund um die Greensill-Fonds gerät dieser Fahrplan unter Druck. Zwar wird im Umfeld der Bank betont, gegenüber den insgesamt rund 440 Milliarden Franken Volumen im Asset Management seien die gut 7 Milliarden Dollar in den SCF-Fonds ein vergleichsweise geringer Posten. Andere Bereiche brummten. Doch in diesem Metier weiss jeder, dass die vorübergehende Schliessung von Fonds eine überaus drastische Massnahme ist und den gesamten Kundenkreis eines Anbieters verschrecken kann.

Greensill könnte damit der Tropfen sein, der das Fass für CSAM zum Überlaufen bringt.

Die Kehrseit der Rendite

Mehr und mehr zeichnet sich ab: Auch wenn die Rücksetzer für sich alleine betrachtet nichts miteinander zu tun haben und teils in ihren Ursachen mehrere Jahre zurückreichen, sind die Vorfälle allesamt der Bereich der Alternativen Anlagen zuzurechnen. Diesen Investments sind attraktive Renditeversprechen eigen – aber auch eine hohe Komplexität und geringe Liquidität.

Letztere Eigenschaften treten an den Tag, wenn das Umfeld für die Anlagen plötzlich ändert, was mit den Turbulenzen der Coronakrise definitiv der Fall ist: Sowohl bei der Simag-Fusion wie bei der Schliessung der Versicherungsvehikel und nun wohl auch bei den Greensill-Fonds spielt die Pandemie als Faktor hinein.

Wie die CS-Führung auf eine «Normalisierung der Profitabilität» zu hoffen, wenn rundherum nichts mehr normal ist, erscheint da als ziemlich gewagtes Vorhaben.

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