Die Schweizer Fintech-Szene ist 2017 vom Hype in der Realität angelangt, stellt das Institut für Finanzdienstleistungen in Zug fest. Doch eine Sparte hat sich den Sturm und Drang bewahrt.

Mit 30 Neugründungen ist der Fintech-Standort Schweiz 2017 noch schneller gewachsen als im Jahr zuvor. Dennoch stellt das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) in der dritten Ausgabe seiner jährlichen Branchenstudie eine gewisse Saturiertheit fest. «Die Branche ist nicht nur reifer geworden, sie wird auch als reifer wahrgenommen: Der Hype ist Realität geworden», resümierte Studienleiter Thomas Ankenbrand am Mittwoch.

Für ein Segment der rund 220 der Szene zugehörigen Unternehmen mag dieser Befund aber nicht so recht passen: Für die Startups der Schweizer Krypto-Szene, die Geschäftsmodelle rund um die als revolutionär geltende Blockchain-Technologie und um digitale Währungen verfolgen. Sie erlebten im vergangenen Jahr einen Boom sondergleichen.

Auf das «Crypto Valley» blickt die Welt

Das zeigt sich vorab an der Anzahl der Firmen selber. Diese hat sich gegenüber 2016 um fast ein Drittel auf 33 aktive Kryptio-Startups erhöht, wie aus der IFZ-Studie hervorgeht (siehe Grafik unten). Nach der Vermögensverwaltung und der Banken-Infrastruktur stellt Krypto eine der meistbevölkerten Sparten der hiesigen Fintech-Szene.

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Von den 18 Neugründungen in diesem Bereich liessen sich die meisten im steuergünstigen Kanton Zug nieder. Dieser vermochte damit seinen Ruf als Schweizer «Crypto Valley» nochmals zu zementieren.

Der lokale Boom ging 2017 mit dem globalen einher. Krypto-Währungen wie Bitcoin oder Ether gewannen zeitweilig massiv an Wert, was auch das Interesse der etablierten Finanzszene anfachte. So haben inzwischen nicht weniger als sechs Schweizer Finanzkonzerne Produkte auf digitale Währungen lanciert (siehe Grafik unten). Jungfirmen wie Bitcoin Suisse positionieren sich derweil als Krypto-Zulieferer für Banken und Vermögensverwalter.

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Dank ICO Kapital-Kluft überwunden

Als für den Finanzplatz glückliche Fügung kann es angesehen werden, dass sich die Schweiz gleich auch noch zum Zentrum für die Erstausgabe digitaler Devisen, die so genannten Initial Coin Offerings (ICO), gemausert hat. Die Aussicht auf Steuergeschenke sowie solide politische und rechtliche Rahmenbedingungen haben das Land zum Magneten für solche Krypto-Finanzierungen werden lassen.

Mit Tezos ging eines der weltgrössten ICO des letzten Jahres in Zug über die Bühne.

Die gewaltige Nachfrage nach Token und Coins hat ICO auch zum präferierten Mittel zur Finanzierung von Schweizer Fintechs werden lassen. 271 Millionen Franken haben hiesige Fintech-Firmen im Jahr 2017 über die Finanzierungsform erhalten – mehr als über jeden anderen Kanal (siehe Grafik). Damit scheint die von vielen Fintechs beklagte Kapitalknappheit in der Schweiz überwunden.

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Für 2018 erwartet das IFZ nun, das «Swiss Made»-Blockchain-Lösungen auch in Bereichen wie dem Zahlungsverkehr, Abwicklung oder Handelsfinanzierungen auf Interesse stossen werden.

Schwarze Schafe in der Herde

Keine Erwähnung findet bei den IFZ-Autoren der Umstand, dass sich 2017 auch die Schattenseiten des Krypto-Hype offenbarten. So musste die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) verschiedene Verfahren gegen Firmen aus der Sparte einleiten. Für negative PR sorgte zudem der wüste Streit um den Tezos-ICO, infolgedessen spöttisch vom Zuger «Klepto Valley» die Rede war.

Dennoch hat der Krypto-Boom in der Schweizer Politik viel Beachtung gefunden. So überschlugen sich in Bundesbern die Bemühungen, das Land als Hub für Blockchain-Technologien zu positionieren.

London und San Francisco haben das Nachsehen

Gut zu solchen Anstrengungen passt der Befund des IFZ, dass Zürich und Genf gleich nach Singapur die Fintech-Hubs mit den weltweit besten Bedingungen seien. Damit rangieren die beiden Schweizer Finanzzentren noch vor dem europäischen Fintech-Mekka London und vor San Francisco und New York (siehe Grafik unten).

Laut Studie stützt sich das doch recht überraschende Resultat auf über 72 Indikatoren. Doch wenn schon: Ein wenig Selbstmarketing gehört im Fintech-Bereich geradezu zum guten Ton.

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