Endlich hat die Wall Street einen neuen Hype, stellt Michael Bornhäusser in seinem Essay auf finews.first fest. Denn seit Bitcoin zum Mainstream wurde und Corona das Zepter an der Börse übernommen hat, lechzte der Markt nach etwas Neuem.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Das Thema ist heiss: Special Purpose Acquisition Companies – oder kurz auch SPACs genannt – sind der neue Hype an den Finanzmärkten. Eine SPAC ist eine Mantelgesellschaft, die zunächst Kapital über einen Börsengang einsammelt und dann als nicht operationelles Unternehmen an der Börse kotiert wird.

Das in der Gesellschaft geparkte Geld wird dann in die Übernahme eines noch nicht identifizierten Unternehmens investiert. Bis zum Kauf wird das Geld auf einem Konto geparkt und in kurz laufende US-Staatspapiere investiert. Wird ein Unternehmen durch das SPAC akquiriert, fusioniert man dieses mit der SPAC und erreicht dadurch einen relativ preiswerten Börsengang.

«Und es scheint zu funktionieren»

Nun kann man sich zurecht fragen, warum ein Investor Kapital in eine leere Hülle einzahlt, ohne recht zu wissen, für welches Investment das Geld schliesslich ausgegeben wird? Möglich wurde dieser Trick dank tiefster Zinsen und dem Bedürfnis auf Investorenseite, Geld zu parken. Eine Rolle spielt allerdings auch die grosse Anzahl an Firmen, die durch Venture Capital oder Private Equity finanziert sind und einen Exit suchen, ohne dabei die extrem hohen Kosten und die Komplexität eines traditionellen IPO in Kauf nehmen zu müssen.

Und es scheint zu funktionieren: 2020 war laut SPAC Insider ein Rekordjahr. Rund 36,2 Milliarden Dollar sind bisher in SPACs geflossen, was fast einer Verdreifachung gegenüber 2019 entspricht – damals waren es lediglich 13,2 Milliarden Dollar gewesen.

«Top-Manager wie Sergio Ermotti docken ebenfalls an SPAC-Firmen an»

Namhafte Unternehmen wie Virgin Galactic, Draft Kings und Lunina wurden via SPACs an die Börse gebracht und haben einen Run auf diese Vehikel ausgelöst. Top-Manager wie Sergio Ermotti docken ebenfalls an SPAC-Firmen an, wie auch finews.ch vergangene Woche meldete. Die Venture-Capital-Szene in den USA steht sozusagen Kopf. Mindestens einmal pro Woche klingelt bei manchen Firmen das Telefon und ein SPAC will ausloten, ob es Sinn machen würde, dieses Unternehmen via SPAC an die Börse zu bringen.

Persönlich kann ich hier anfügen, dass wir aus unserem Portefeuille mit Lending Club und Farfetch in den vergangenen Jahren zwei IPOs erlebt haben. Die Unternehmen wurden mit vier respektive sechs Milliarden Dollar beim Börsengang bewertet. Beide Firmen mussten durch einen anstrengenden und sehr teuren Prozess.

«Ein Exit würde aktuell also zu früh kommen»

Damit wurde mir auch klar, dass ein IPO einer Unternehmens, das noch keine Unicorn-Bewertung (also mehr als einer Milliarde) besitzt, keinen Sinn macht. Bei einem zu geringen Firmenwert lohnt sich der Aufwand einfach nicht. Unter diesen Prämissen kann ein SPAC für Venture-Capital-finanziertes Unternehmen ein valables Mittel zur weiteren Kapitalbeschaffung und zum Exit sein. Nachstehend ein paar Beispiele:

Bei einer Firma waren wir der Meinung, ein kurzfristiger SPAC-Exit wäre zwar möglich, allerdings ist die Firma gut durchfinanziert, und wir können mit eigener Kraft die Bewertung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten mehr als verdoppeln. Ein Exit würde aktuell also zu früh kommen.

«Somit gäbe es auch keinen echten Exit»

Bei einem weiteren Unternehmen ist der Umsatz noch nicht hoch genug, um eine Bewertung zu erzielen, die an der Börse für institutionelle Anleger interessant wäre. Das würde im Falle einer SPAC-Transaktion dann nämlich bedeuten, dass die Firma zwar an der Börse gelistet ist, das Handelsvolumen aber sicherlich nur sehr gering wäre. Somit gäbe es auch keinen echten Exit für die Investoren.

Bei der dritten Firma sehen wir genau das Gegenteil, da die Firma extrem wächst und in Bewertungen vorstösst, die einen vollen IPO rechtfertigen würden. Die hohen Kosten wären durch die in einem IPO zu erzielende und damit höhere Bewertung als bei einem SPAC zu rechtfertigen.

Sonst ist man zwar Teil des Hypes, verdient aber leider nichts dabei

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Kosten und Aufwand bei einem SPAC-Exit geringer – die Bewertungen gegenüber einem klassischen IPO aber auch tiefer sind, da ein IPO immer noch mehr Anleger anspricht und damit die Bewertung nach oben treibt.

Insofern sind SPACs ein interessantes Vehikel für einen Exit. Doch das Timing und die Situation des Unternehmens müssen zu 100 Prozent stimmen. Sonst ist man zwar Teil des Hypes, verdient aber leider nichts dabei.


Michael Bornhäusser ist Chairman and Managing Partner der 2019 gegründeten Schweizer Venture-Capital-Firma Bulb Capital. Zuvor leitete er den Private-Equity- und Produktebereich der Schweizer Privatbank Sallfort. In den 1990er-Jahren betätigte er sich als Unternehmer in der IT-Branche, unter anderem als Mitgründer der Firma Pixelpark, die 1999 an die Börse ging. Seit dem Start im Jahr 2012 hat Bulb rund 180 Millionen Dollar bei 16 Finanzierungsrunden in zwölf Startups in den USA, England und Lateinamerika investiert und sieben erfolgreiche Exits erzielt.


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